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Das Bundesjustizministerium plant eine erneute Verschärfung des Sexualstrafrechts mit einem Gesetzesentwurf mit dem Titel „Gesetz zur Bekämpfung sexualisierte Gewalt gegen Kinder“. Darin enthalten sind unter anderem erheblichen Erhöhungen der Strafrahmen. Ob dies mit Blick auf die effektive Strafverfolgung sinnvoll ist, erscheint fraglich.

 

Umbenennung der Straftatbestände in „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“

Die Umbenennung der Straftatbestände von sexuellem Missbrauch in sexualisierte Gewalt scheint nicht besonders durchdacht. Der Begriff „Gewalt“ wird zu weiteren rechtlichen Problemen führen. Im jetzigen Rechtssinne setzt der sexuelle Missbrauch von Kindern gerade keine Gewalt voraus. Die Aufnahme des Gewaltbegriffs wird zu Unklarheiten auf Tatbestandsebene führen.

 

Erhöhung der Strafrahmen

Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Strafrahmen des § 176 I StGB (sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren) sowie des § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) auf mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe zu erhöhen. Damit werden diese Delikte gem. § 12 StGB zu Verbrechen aufgewertet. Dies ist zum einen nicht zielführend und führt zum anderen zu Folgeproblemen.

Die Idee, mit erhöhten Strafrahmen Täter von der Tatbegehung abzuschrecken, führt, wie sich schon in der Vergangenheit gezeigt hat, nicht zum Erfolg. Die wenigsten Täter werden vor der Tatbegehung die Strafrahmen des StGB studieren.

Ein Delikt zum Verbrechen zu machen hat zudem verfahrensrechtlich schwerwiegende Folgen. Insbesondere ist eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO oder § 153 a StPO nicht mehr möglich. Diese Möglichkeiten, insbesondere die Einstellung unter Auflagen nach § 153a StPO, stellten in der Vergangenheit jedoch in vielen Fällen geringer Intensität auch für das Opfer eine gute Lösung dar. Insbesondere bleibt dem Opfer dadurch der aufreibende Strafprozess erspart.

Auch gibt es Fälle, die zwar unter § 184b StGB fallen, in denen eine Anklageerhebung jedoch vollkommen unverhältnismäßig erscheint: Jemand bekommt ein Bild kinderpornographischen Inhalts in einer WhatsApp Gruppe geschickt, bemerkt dies ggf. nicht mal und löscht das Bild daher nicht: Besitz Kinderpornographischer Schriften.

Es sollte bei Beschuldigungen solcher Delikte daher immer ein spezialisierter Rechtsanwalt konsultiert werden.

 

Rein politische Entscheidungen, die keinen Erfolg bringen werden

Es zeigt sich also, dass der Gesetzesentwurf am völlig falschen Ende ansetzt. Die geringe Aufklärungsquote liegt nicht an den Strafrahmen, sondern an den fehlenden Kapazitäten der Ermittlungsbehörden. Ein Beispiel: Die Auswertung eines beschlagnahmten PCs auf kinderpornographische Inhalte durch ein sachverständiges Unternehmen kann gerne ein Jahr und länger dauern. Es reicht daher auch nicht, wie ebenfalls geplant, die Ermittlungsbefugnisse der Behörden zu erweitern. Diese besser auszustatten und zu schulen und auf der anderen Seite Gelder in präventive Therapieprogramme zu investieren, würde Kinder effektiv schützen. Die Umbenennung von Gesetzesüberschriften und Erhöhung der Strafrahmen ist hingegen nichts weiter als Symbolpolitik auf Stammtischniveau.