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Sexualstrafrecht

§ 183 StGB – Exhibitionismus

Eine der besonderen Kuriositäten im Sexualstrafrecht ist der Straftatbestand des Exhibitionismus (§ 183 StGB). Ausschließlich Männer können sich wegen Exhibitionismus strafbar machen. Wie schreibt man eigentlich „Exhibitionismus“? Viele glauben, die richtige Schreibweise sei „Exibitionismus“, tatsächlich ist die richtige Schreibweise aber „Exhibitionismus“.

 

Männer, die sich nackt in der Öffentlichkeit aufhalten und erwischt werden, können davon ausgehen, dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft mit äußerstem Ermittlungsdruck ein Verfahren einleiten. Sie erhalten eine Vorladung oder einen schriftlichen Anhörungsbogen; in vielen Fällen werden Sie auch durch die Beamten vor Ort aufgesucht.

Machen Sie unbedingt von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch! Auf keinen Fall dürfen Sie hier irgendwelche Angaben zur Sache machen, egal ob schuldig oder unschuldig. Alles, was zu Ihrer Entlastung vorgetragen werden kann, sollte schriftlich nach Akteneinsicht erfolgen. Mit nur einem falschen Satz verschlechtern Sie bestehende Verteidigungschancen! Niemals darf jedoch das Schweigen gegen Sie gewertet werden.

Beauftragen Sie beim Vorwurf des Exhibitionismus, bei dem immerhin Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr möglich ist, sofort einen auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt.

Was ist Exhibitionismus?

Der Tatbestand des § 183 StGB (exhibitionistische Handlungen) setzt eine exhibitionistische Handlung und ein Belästigen des Opfers voraus. Die Tat wird gemäß § 183 Abs. 2 StGB entweder auf Antrag oder wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung verfolgt. Die Staatsanwaltschaften neigen dazu, bei diesem Delikt das öffentliche Interesse der Strafverfolgung zu bejahen.

Die Vorschrift soll den einzelnen vor aufgedrängter Konfrontation mit fremder oder beziehungsloser Sexualbetätigung, die für manche Menschen offenbar schockierend oder bedrohlich empfunden wird, schützen. Man fragt sich freilich, weshalb Männer vor einer solch aufgedrängten Konfrontation durch möglicherweise nackte Frauen nicht geschützt sein sollen. Ob die einseitige Bestrafung von Männern verfassungsgemäß und nachvollziehbar ist, ist allerdings eine rechtspolitische Diskussion. Derzeit ist Exhibitionismus, wie schon immer, lediglich für Männer strafbar.

Regelfall der exhibitionistischen Handlung liegt im Zeigen des entblößten Geschlechtsteils gegenüber einer Person, die damit nicht rechnet oder zumindest nicht einverstanden ist. Es kommt nicht darauf an, dass der Täter sein Geschlechtsteil gerade zum Zweck der eigenen sexuellen Erregung oder Steigerung der sexuellen Erregung entblößt. Es genügt für den Tatbestand, dass der bereits entblößte Täter z. B. bei der Selbstbefriedigung oder Nacktbaden nachträglich den Tatentschluss fasst, einem Dritten etwa sein Glied zur sexuellen Erregung vorzuzeigen.

Das bloße Vorzeigen ohne jede Absicht, sich sexuell zu erregen, ist hingegen nicht tatbestandsmäßig. Hier kommt es auf eine objektive Gesamtschau der objektiven Indizien an. Masturbiert der Täter beispielsweise heimlich an einem entlegenen Ort und wird er zufällig durch einen Dritten in flagranti erwischt, so ist der Tatbestand nicht erfüllt. Freilich kommt es dann in der Praxis darauf an, ob die Zufälligkeit durch den zuständigen Staatsanwalt geglaubt wird. § 183 StGB setzt die gleichzeitige körperliche Anwesenheit voraus, so dass das Vorzeigen bloßer Abbildungen oder das Abspielen von Filmaufnahmen oder die Übertragung per Internet nicht genügt. Hier können allerdings zahlreiche andere Tatbestände, insbesondere, wenn der Empfänger ein Kind ist, einschlägig sein.

Im berühmten „Kunstpenis-Fall“ war der Tatbestand des Exhibitionismus gem. § 183 StGB nicht erfüllt. Auch das Bespritzen mit Sperma erfüllt nicht § 183 StGB, kann aber den Tatbestand des Erregens öffentlichen Ärgernisses nach § 183a StGB begründen.

Beabsichtigt der Täter keine eigene sexuelle Betätigung, hofft aber durch das Entblößen einen freiwilligen sexuellen Kontakt mit dem Gegenüber herzustellen, und zielt auf dessen Erregung ab, kann § 183 StGB freilich, je nach Einzelfall, erfüllt sein.

Eine exhibitionistische Handlung liegt nicht vor, wenn die Nacktheit allein zur Provokation, etwa im Rahmen einer Demonstration, erfolgt. Auch das Wildpinkeln (oder auch die öffentliche Selbstbefriedigung, allein zum Zweck dieser, ohne das beabsichtigte sexuelle Erregen) unterfällt nicht dem Tatbestand des § 183 StGB.

Häufig wird durch die Strafverfolgungsbehörden übersehen, dass der Tatbestand auch eine Belästigung voraussetzt. Dafür reicht jede negative Gefühlsempfindung von einem Gewicht aus. Diese liegt umso näher, je weniger der Täter die sonst charakteristische Distanz zum Opfer wahrt.

Ein Belästigen liegt etwa vor bei Hervorrufen eines Schocks, Schrecken, Angst, Ekel, Abscheu, Entrüstung, Ärger aber auch das Empfinden in seinem Scham- und Anstandsgefühl nicht unerheblich verletzt zu sein. Dagegen liegt eine Belästigung gerade nicht vor, wenn der Betroffene lediglich Mitleid oder Verwunderung oder aber, was vielfach der Fall ist, Interesse und Vergnügen empfindet beim Anblick des nackten Menschen.

In vielen Fällen kommt es  auf eine genaue Analyse der Aussage des Anzeigenerstatters an. In einigen Fällen kann die Glaubhaftigkeit der Belastungsaussage angegriffen werden; in anderen Fällen kommt es darauf an, zu begründen, dass der Anzeigenerstatter gar keine konkrete Person wiedererkennt. Wieder andere Fälle können mit entsprechender Argumentation zur Einstellung gebracht werden, weil sich bei genauem Lesen der Aussage ergibt, dass der Anzeigenerstatter durch den Anblick gar nicht belästigt wurde, sondern vielmehr ein Interesse oder eine positive Art der Verwunderung über das Nacktsein äußerte.

Der Tatbestand setzt weiter voraus, dass der Vorsatz nachgewiesen wird.  Es muss also nachgewiesen werden, dass es dem Täter bei dem Nacktsein darauf ankommt, sich sexuell zu erregen. Dies ist eindeutig nicht der Fall, wenn die Person beim Nacktsein davon ausgeht, allein zu sein, auch wenn sie dann einer sexuellen Handlung, wie beispielsweise der Selbstbefriedigung nachgeht.

Auch wenn der Täter durch seine Nacktheit provozieren, aber nicht sexuell erregen will, ist der Tatbestand nicht erfüllt. Dies setzt freilich eine umfangreiche entsprechende Einzelfallargumentation im Verteidigungsschriftsatz voraus. Hinsichtlich der Belästigung auf Opferseite muss es dem Täter hierauf nicht im Sinne einer Absicht ankommen. Hier reicht schon der sogenannte bedingte Vorsatz. Es ist also ausreichend, wenn der Täter eine Belästigung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

Strafe beim Vorwurf oder der Verurteilung wegen Exhibitionismus?

Der Tatbestand sieht immerhin eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor oder Geldstrafe. Wenn kein Freispruch oder eine Einstellung mangels Tatverdacht erwirkt werden kann, kommt es, wie immer bei der Strafenbildung, auf eine Gesamtwürdigung von Tat und Täter an. Hier sind insbesondere die Anzahl der Taten, die Intensität und entsprechende Vorstrafen maßgeblich.

Vielfach liegt der exhibitionistischen Handlung auch ein Krankheitsbild zu Grunde. Dann kann die Schuldfähigkeit fehlen. Auch diese Prüfung erfolgt nach dem Erstgespräch mit dem Mandanten und der erfolgten Akteneinsicht.

Was kann ein Sexualstrafrechtsanwalt beim Vorwurf Exhibitionismus tun?

Zunächst sollten Sie mit dem Anwalt Ihres Vertrauens offen über die Vorwürfe sprechen. Dabei ist es wichtig, dass Sie einen auf das Sexualstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger und nicht irgendeinen Fachanwalt für Strafrecht oder gar einen nicht ausschließlich im Strafrecht spezialisieren Anwalt kontaktieren. Nur so ist eine effiziente Ausschöpfung aller Verteidigungsmöglichkeiten gewährleistet.

Wichtig ist, dass Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Auf keinen Fall sollten Sie Angaben machen, denn mit nur einem falschen Satz können Sie sich in den Tatbestand § 183 StGB hineinreden oder aber eine eigentlich günstige Indizienlage zerstören. Nur wenn Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen, sind alle Verteidigungschancen gewahrt und wir können in vielen Fällen eine Einstellung mangels Tatverdacht oder aber wegen Geringe der Schuld im Ermittlungsverfahren erwirken.

Dies ist von größter Bedeutung, denn eine Gerichtsverhandlung wegen eines solchen Vorwurfs soll Ihnen unbedingt erspart bleiben. Die Gerichtsverhandlung ist zwingend öffentlich und immer nervenaufreibend und gerade bei diesem Vorwurf äußerst prekär.

Wenn Sie sich selbst gezwungen fühlen, exhibitionistische Handlungen immer wieder zu verwirklichen, können wir Ihnen auch einen entsprechenden Therapieplatz empfehlen und so die Grundlage für eine Strafmaßverteidigung (ggf. ebenfalls mit dem Ziel der Abwendung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung) einleiten.

Unterschätzen Sie den Vorwurf des Exhibitionismus nicht! Bei einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen sind Sie bereits vorbestraft mit einer Eintragung im Führungszeugnis. Auch bei einer Geldstrafe mit unter 90 Tagessätzen erfolgt zumindest eine Eintragung im Zentralregister. In zahlreichen Fällen droht auch beim Vorwurf des Exhibitionismus ein Berufsverbot. Wir klären Sie umfassend über alle Chancen und Risiken auf.

Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig:

„Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns. Mit uns können Sie auch über den Vorwurf des Exhibitionismus offen sprechen. Wir werden alles dafür tun, eine Gerichtsverhandlung unter Einsatz all unserer Erfahrung abzuwenden.“

Wir stehen Ihnen für ein unverbindliches Erstgespräch am Telefon oder persönlich an unseren Standorten schnell zur Verfügung. Wir können den Vorladungstermin bei der Polizei für Sie noch am selben Tag absagen und Ihnen zeitnah einen Termin geben.

 

Sie haben noch Fragen zum Vorwurf des Exhibitionismus?

Nehmen Sie Kontakt zu Ihrer Kanzlei im Sexualstrafrecht auf und vereinbaren sie jederzeit einen persönlichen und kostenlosen Gesprächstermin mit Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig oder einem Strafverteidiger Ihrer Wahl aus dem Defensio-Anwaltsteam.

Da wir gerade im Ermittlungsverfahren bereits sehr häufig erfolgreich sind und allein durch schriftliche Anträge die Einstellung des Verfahrens erwirken können, verteidigen wir auch bundesweit im Sexualstrafverfahren.

Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und Fachanwalt für Strafrecht Albrecht sowie die weiteren Rechtsanwälte im Verteidigerteam sind an allen deutschen Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof für Strafsachen zugelassen.