Auch bei einvernehmlichen Sex kann die Strafbarkeit drohen. Sobald Kinder und Jugendliche involviert sind, steht der sexuelle Missbrauch von Kindern gemäß § 176 StGB und der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen gemäß § 182 StGB im Raum. Schutzgut dieser Paragraphen ist die unbeeinträchtigte sexuelle Entwicklung junger Menschen.
Doch wann ist Sex zwischen bzw. mit Kindern oder Jugendlichen verboten? Wann ist er erlaubt? Nachfolgend haben wir Ihnen alle wichtigen Informationen zusammengestellt.
0 – 14 Jahre
Sexuelle Handlungen grundsätzlich strafbar.
14 – 16 Jahre
Strafbar, wenn:
- sexuelle Handlung
- Erwachsener über 21 Jahre
- Jugendlicher unter 16 Jahre
- Fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung
14 – 18 Jahre
Strafbar, wenn:
- sexuelle Handlung
- Erwachsener über 18 Jahre
- Jungendlicher unter 18 Jahre
- Ausnutzen einer Zwangslage / Entgeltlichkeit
Altersgrenze: 0 bis 14 Jahre – Dürfen Kinder Sex haben?
Die erste vom Gesetz vorgenommene Altersgrenze ist die zwischen 0 und 14 Jahren. Innerhalb dieser Altersgruppe werden eigenverantwortliche Entscheidungen über das Sexualleben stark beschnitten. Wirksame Einverständnisse oder Einwilligungen der Betroffenen sind nicht möglich. Hintergrund ist die Annahme des Gesetzgebers, dass Kinder in diesem Alter aufgrund ihrer altersbedingten Unreife nicht in der Lage sind, solche Entscheidungen adäquat zu treffen.
In § 176 Abs. 1 StGB heißt es, „wer sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft“.
Mit „wer“ ist jeder über 14 Jahren gemeint. Erfolgen also zwischen einer/m 14 Jährigen und einer/m 13 Jährigen sexuelle Handlungen, macht sich der oder die 14 Jährige unter Umständen strafbar.
Sex unter 14 Jahren – was sagt das Gesetz?
Der Akt an sich führt allerdings nicht zwangsläufig zu einer Strafbarkeit. Ausschließende Umstände können sich zum Beispiel aus dem mangelnden Vorsatz oder der Unkenntnis des strafrechtlichen Verbots ergeben. Aber Achtung, weiß der oder die 14 Jährige nicht um die Unrechtmäßigkeit des eigenen Handelns, führt dies nur zur Straflosigkeit, wenn dieser Irrtum auch unvermeidbar war (sog. Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB).
Hierbei fragt sich das Gericht: Hätte der/die 14 Jährige die Unrechtmäßigkeit erkennen können? Dies kann bei einem/einer 14 Jährigen oft noch verneint werden, mit zunehmenden Alter wohl aber nicht mehr. Auch ist entscheidend, inwieweit sich der Betroffene über das Alter des Kindes Gedanken gemacht hat. Hat er oder sie sich keine Gedanken über das Alter gemacht und es auch nicht billigend in Kauf genommen, entfällt die Strafbarkeit. Im Strafverfahren sind diese Umstände oft schwer beweisbar, weswegen die Unterstützung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt anzuraten ist. Gerade der mangelnde Vorsatz und Irrtümer werden von den Gerichten öfters vorschnell als Schutzbehauptungen klassifiziert.
„Sexuelle Handlungen“ müssen eindeutig sexual bezogen sein und eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Hierunter fallen nach § 176 Abs. 4 StGB auch Handlungen ohne Körperkontakt (z.B. das Versenden eines Bildes der Selbstbefriedigung oder eines Films an ein Kind).
Die „sexuellen Handlungen“ sind zu unterscheiden von dem tatsächlich vollzogenen Sex. Vollzieht ein über 18 Jähriger mit einem Kind den „Beischlaf“, stellt das einen schweren sexuellen Missbrauch gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB dar und wird mit deutlich höheren Strafen geahndet (Freiheitsstrafen von 2 bis 15 Jahren).
Altersgrenze: 14 bis 18 Jahre – Sex zwischen und mit Jugendlichen
Anders als bei Kindern, geht der Gesetzgeber bei Jugendlichen zwischen 14 bis 18 Jahren davon aus, dass diese grundsätzlich dazu in der Lage sind, wirksame Einverständnisse zu sexuellen Handlungen abzugeben.
In § 182 Abs. 1 StGB heißt es,
„wer eine Person unter achtzehn Jahren dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung einer Zwangslage […] sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt […] wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Zudem bestimmt § 182 Abs. 2 StGB, dass entgeltlicher Sex mit Jugendlichen stets strafbar ist.
Hieraus ergeben sich folgende Voraussetzungen:
- sexuelle Handlung
- Erwachsener über 18 Jahre
- Jugendlicher unter 18 Jahre
- Ausnutzen einer Zwangslage / Entgeltlichkeit
Entscheidendes Kriterium ist das Ausnutzen einer Zwangslage. Eine Zwangslage wird dann angenommen, wenn sich der Jugendliche in einer ernsten persönlichen oder wirtschaftlichen Bedrängnis befindet. Dabei muss die Bedrängnis zwar ernsthaft, aber nicht existenzbedrohend sein. Die Einordnung als Zwangslage hängt primär von der sexuellen Selbstbestimmung des Jugendlichen ab. Ist diese maßgebend eingeschränkt, ist eine Zwangslage anzunehmen. In der Praxis bedeutet dies also nicht, dass eine Strafbarkeit nur dann anzunehmen ist, wenn dem Jugendlichen überhaupt keine Wahl gelassen wurde. Hatte dieser zwar eine Wahl, wurde aber erheblich zu dem Geschlechtsverkehr gedrängt, kann ein strafbares Handeln vorliegen.
Altersgrenze: 14 bis 16 Jahre
Ist der oder die Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren ergeben sich noch weitere Aspekte, die es zu beachten gilt.
In § 182 Abs. 3 StGB heißt es, „eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch mißbraucht, daß sie […] sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt […] und dabei die ihr gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.
Hieraus ergeben sich folgende Voraussetzungen:
- sexuelle Handlung
- Erwachsener über 21 Jahre
- Jugendlicher unter 16 Jahre
- Fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung
Das bedeutet, dass sich als 21 Jährige/r der/diejenige strafbar macht, der sexuelle Handlungen an einer/m Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren vornimmt und dabei die fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt hat.
Die fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung ist durch eine altersbedingte Unreife gekennzeichnet. Dies betrifft spiegelbildlich dieselbe Unreife, die zu einer generellen Strafbarkeit von sexuellen Handlungen mit Kindern gemäß § 176 StGB führt. Anders als oben, ist diese Unreife bei Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren bei § 182 Abs. 3 StGB aktiv festzustellen. Hierbei wird der geistige und sittliche Entwicklungsstand des Jugendlichen untersucht. Eine Rolle spielt die Veranlagung des Jugendlichen, seine sexuelle Orientierung und Art, Ausmaß und Gefährdung der konkreten sexuellen Handlung.
Keine Altersgrenzen – Sex zwischen Kindern und Eltern
Schlussendlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die dargestellten Altersgrenzen bei Sex mit den eigenen, aufgenommenen oder anvertrauten Kindern und Jugendlichen nicht gelten. Die Strafbarkeit ergibt sich aus § 174 StGB. Sexuelle Handlungen sind danach stets strafbar. Grund ist das besondere Näheverhältnis. Sex zwischen Kindern und Eltern ist also in jedem Fall verboten!
Vorgehen beim Vorwurf des sexuellen Missbrauchs
Die Vorwürfe „sexueller Missbrauch von Kindern“ und „sexueller Missbrauch von Jugendlichen“ wiegen ausgesprochen schwer. Aufgrund der denkbaren Strafhöhen, beruflicher sowie privater Auswirkungen sind diese unbedingt ernst zu nehmen.
Sollten Sie selber von einer Strafanzeige oder -anklage wegen der Begehung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Jugendlichen betroffen sein, ist es zwingend anzuraten, dass sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und einen auf Sexualstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren.
1. Berufen auf das Schweigerecht
Aufgrund der oft bestehenden Aussage-gegen-Aussage Konstellation im Sexualstrafrecht ist Ihre Aussage als Beschuldigter von wesentlichem Gewicht. Sie sollte daher gut aufbereitet werden. Insbesondere schließt ein Schweigen eine spätere Aussage (z.B. in einem umfangreichen Schriftsatz) nicht aus.
Dies ist insbesondere auch dann zu empfehlen, wenn Sie unschuldig sein sollten. Leider ist es oft der Fall, dass die bei der Polizei getätigten Aussagen verfälscht in die Akten gelangen und dann durch die Staatsanwälte und Richter zu Ihrem Nachteil gewertet werden. Das ist bei einem Schweigen gerade ausgeschlossen. Ein solches darf nie zur Ihren Lasten ausgelegt werden.
2. Rechtsanwalt konsultieren
Nur ein auf das Sexualstrafrecht spezialisierter Rechtsanwalt besitzt die nötige Expertise und Erfahrung Sie bei einem derartig schwerwiegenden Vorwurf zu unterstützen. Es hat sich gezeigt, dass gerade Kenntnisse in der Aussagepsychologie essenziell für die spezialisierte und erfolgreiche Verteidigung im Sexualstrafrecht sind.
Ziel ist die Einstellung Ihres Strafverfahrens bereits im Ermittlungsstadium. So wird die öffentliche Hauptverhandlung und die für Sie damit einhergehenden negativen Folgen beruflicher und privater Art umgangen.
Es gilt der Grundsatz, je früher Sie einen Strafverteidiger hinzuziehen, desto besser stehen die Verteidigungschancen.
Ein Strafverteidiger kann in umfassendem Rahmen für Sie Akteneinsicht beantragen. Die hierbei gewonnenen Informationen sind für den Erfolg der Strafverteidigung maßgebend. Diese werden in einem umfangreichen schriftlichen Antrag von uns aufbereitet und haben bereits vielfach zu einer Einstellung im Ermittlungsverfahren geführt.
Fachanwalt für Strafrecht Dr. Hennig und Strafverteidiger Christian Albrecht sind auf das Sexualstrafrecht spezialisiert und haben in kleinen und sehr umfangreichen Verfahren bereits erhebliche Erfolge – auch vielfach im Ermittlungsverfahren (Einstellung mangels Tatverdacht) – erzielen können. Wir verteidigen im Sexualstrafrecht bundesweit. Standorte der Kanzlei H/T Rechtsanwälte Dr. Hennig und Thum sind Lüneburg, Kiel, Lübeck, Hannover und Hamburg.